Die Befürchungen KennedysUm der Aggressionspolitik der BRD, die diese seit ihrer Gründung betrieb, Grenzen zu setzen und die Gefahr eines Krieges in Mitteleuropa einzudämmen, verstärkten die Sowjetunion, die DDR und andere sozialistische Staaten Ende der fünfziger Jahre ihren Kampf für Abrüstung und Entspannung. Ein besonders breites Echo unter den Völkern der Erde fanden die Vorschlage für einen Friedensvertrag zwischen den Teilnehmerstaaten der Antihitlerkoalition und den beiden deutschen Staaten, zur militärisch verdünnten Zone in Mitteleuropa und zur Regelung der Westberlinfrage. Als wichtigen Schritt zur Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa sahen die Teilnehmerstaaten des Warschauer Vertrages die Garantie der bestehenden Grenzen in Mitteleuropa an.

Die Regierung der BRD und ihre Freunde in der NATO lehnten jede Verständigung ab, rüsteten statt dessen beschleunigt auf und gingen zur direkten Vorbereitung der Aggression über.

In dieser Situation entwickelte die UdSSR ein Programm, das sie Anfang Juni 1961 den USA übergab. Als gangbaren Weg zur Entspannung der Lage in Mitteleuropa schlug sie eine Konferenz aller Staaten der ehemaligen Antihitlerkoalition vor, auf der im einzelnen über Maßnahmen zur Sicherung des Friedens in Europa verhandelt werden sollte. Im Interesse des Friedens war die UdSSR auch zu Zwischenlösungen bereit, wenn sie zur Verringerung der von Westberlin ausgehenden Kriegsgefahr beitrugen.

John F. Kennedy, USA-Präsident seit Januar 1961, hatte erkannt: Die USA nehmen nicht mehr die militärische und wirtschaftliche Vormachtstellung in der Welt ein. Der Atlantik garantiert nicht mehr die Unverletzbarkeit der Vereinigten Staaten. Ein atomarer Krieg - und jeder Zusammenstoß in Mitteleuropa wird sich dahin entwickeln - wird die USA empfindlich treffen. Die Friedensoffensive der sozialistischen Staaten erzwingt Reaktionen der USA, wollen diese nicht politisch isoliert werden und in Widerspruch zur Friedenssehnsucht der Völker geraten.

Kennedy empfahl deshalb, die Politik der USA unter den Bedingungen des internationalen Kräfteverhältnisses neu zu durchdenken. BRD-Bundeskanzler Adenauer kommentierte diese Überlegungen zur Entspannung: "Da Gott das Denkvermögen des Menschen beschränkt hat, ist es doch offenbar ungerecht, daß er nicht auch der Dummheit ihre Grenzen setzte."

Die Niederlage der USA-Politik gegenüber Kuba im April 1961 beeinflußte wesentlich die Haltung der außenpolitischen Experten der Vereinigten Staaten während der nächsten Jahre und wirkte sich ganz entscheidend auf die Lage in Mitteleuropa aus. 1959 hatte in Kuba die Revolution gesiegt. Durch die Bodenreform, die Enteignung der Banken und Großbetriebe verloren die Monopole der USA einen jährlichen Nettogewinn von 200 bis 250 Millionen Dollar. Deshalb brachen die konterrevolutionären Verschwörungen nicht ab. Sie brachten aber keine Erfolge. Da griff die CIA in großem Stil ein. Sie ging von der Annahme aus, daß einige tausend Konterrevolutionäre von außen einen Bürgerkrieg auf Kuba auslösen könnten, der zum Sturz der revolutionären Regierung Fidel Castros führen würde. Kennedy erlaubte die Landung von konterrevolutionären Verbänden. Das kubanische Volk zerschlug sie in kurzer Zeit. Kennedy stand jetzt vor der Alternative, entweder die offene militärische Intervention zu befehlen oder der Zerschlagung des Putsches zuzusehen. Er wählte die zweite Möglichkeit.

Die aggressivsten Kreise warfen dem Präsidenten vor, er hätte die Aktion verraten, da er keinen Krieg riskiert habe. Diese Vertreter des USA-Imperialismus zogen keine Schlußfolgerungen aus dem neuen Kräfteverhältnis in der Welt. Sie wollten nicht akzeptieren, daß ihnen mit dem Verlust der militärstrategischen Vorteile durch die Entwicklung der Raketentechnik auch die Möglichkeit genommen worden war, ungehindert fortschrittliche Regierungen ab- und reaktionäre einzusetzen, wie sie es seit über einem halben Jahrhundert vielfach praktiziert hatten. Realistischer denkende Kräfte forderten, Schlußfolgerungen aus dem Kuba-Abenteuer auch für die europäische Politik zu ziehen. Kennedy zeigte sich zwar zu Verhandlungen mit der UdSSR über die Entspannung in Mitteleuropa bereit, ließ aber gleichzeitig die Rüstung forcieren.

Die BRD und die aggressivsten Kräfte der USA unternahmen große Anstrengungen, um Mitteleuropa in einen kriegsähnlichen Zustand hineingleiten zu lassen. Jeder Verhandlungsvorschlag der UdSSR, der DDR und der anderen sozialistischen Staaten wurde deshalb von ihnen abgelehnt. Das Außenministerium der BRD widersetzte sich jeglicher Verständigung. Dabei erhielt es durch namhafte Politiker der USA Unterstützung. Dean Acheson, einflußreicher Berater im Außenministerium der Regierung J. F. Kennedy, erklärte unumwunden: Er sei mit der Taktik des Präsidenten nicht einverstanden, weil Kennedy Verhandlungen mit der UdSSR zur Anerkennung der Grenzen in Europa nicht ausschlösse. Alle Tendenzen, sich auf Verhandlungen einzulassen, meinte Acheson, seien ein Zeichen von Schwäche. Aus dem Kuba-Abenteuer lernend, orientierte sich ein anderer Teil der amerikanischen Bourgeoisie auf eine langfristige Auseinandersetzung mit den sozialistischen Staaten.

Im Sommer 1961 fürchtete Kennedy offenbar, daß der abenteuerlichen Politik der BRD-Regierung dieselbe Fehleinschätzung zugrunde lag wie dem CIA-Abenteuer auf Kuba. Er gab angesichts dieser Lage mehrmals zu verstehen: Die wirkliche Gefahr besteht darin, daß die Bundeswehr selbständige Operationen unternimmt, die sich zu einem weltweiten atomaren Krieg ausdehnen können. Dieser Gefahr muß begegnet werden.

Ausgehend von dieser Situation äußerte Senator James William Fulbright, Vorsitzender des Außenpolitischen Ausschusses des Senats der USA, am 30. Juli im Fernsehen:

"Ich verstehe nicht, warum die Ostdeutschen nicht ihre Grenzen schließen; ich glaube, sie hätten ein Recht dazu." Kennedy, nach seiner Meinung darüber befragt, deutete an, daß seine Regierung an diesem Problem nicht interessiert sei. Er hatte bereits früher seine Auffassung zu einer Westberlinregelung umrissen: unveränderter Status für Westberlin, Anwesenheit der drei Westmächte in Westberlin, sicherer Verkehr zwischen Westberlin und der BRD.

Während Kennedy damit den Status quo in Mitteleuropa fixierte, wollte die Bonner Regierung diesen verändern. Als die DDR am 13. August die Lage in Mitteleuropa stabilisierte, bewahrte USA-Präsident J. F. Kennedy daher Ruhe und übte Zurückhaltung.


Eine Entscheidung muß fallen6. Juli 1961. Zwei programmatische Dokumente wurden der Öffentlichkeit übergeben. Sie offenbarten den entgegengesetzten Charakter der BRD und der DDR. Der BRD-Minister für gesamtdeutsche Fragen übergab in Bonn der Presse ein umfangreiches graues Buch, den uns schon bekannten "Grauen Plan".

Die Volkskammer der DDR unterbreitete den "Deutschen Friedensplan". Er fußte auf dem sowjetischen Memorandum vom 4. Juni 1961 und faßte die mehr als einhundert Verständigungsvorschläge der DDR an die Bundesregierung und den Senat von Westberlin zusammen. Der "Deutsche Friedensplan" bestand aus vier Teilen: Abkommen des guten Willens zwischen den Regierungen und Parlamenten der Deutschen Demokratischen Republik und der BRD, Vorschläge zum Abschluß eines Friedensvertrages, zur Regelung der Westberlinfrage und für die Zusammenarbeit beider Staaten auf der Grundlage der friedlichen Koexistenz. Die Volkskammer schlug unter anderem vor: Verzicht auf atomare Bewaffnung; Verbot jeglicher Kriegs- und Revanchepropaganda; Nichteinmischung in die soziale Ordnung des anderen Staates; Eintreten beider Staaten für den Abschluß eines Nichtangriffsvertrages zwischen den Staaten des Warschauer Vertrages und den Staaten der NATO; Maßnahmen für eine Zusammenarbeit beider Staaten auf den verschiedensten Gebieten.

In einer Zeit, in der sich die Repräsentanten der Bundesrepublik auf eine gewaltsame Beseitigung der DDR vorbereiteten, unternahm die Volkskammer also einen Versuch der Verständigung beider Staaten über Frieden, sachliche Beziehungen und konstruktive Zusammenarbeit. Sie wollte jede Chance nutzen, um die historisch bedingten vielfältigen Beziehungen auf den verschiedensten Gebieten - einschließlich der familiären - offenzuhalten. Dabei ging die DDR bis an die Grenze des Möglichen.

Der Friedensplan wurde zur Grundlage einer breiten Massenbewegung in der DDR, die die allseitige Stärkung der Deutschen Demokratischen Republik, die Zurückdrängung der aggressiven Kräfte der BRD und die Herstellung gleichberechtigter gutnachbarlicher Beziehungen zum Ziel hatte. Er bildete aber auch die Grundlage für den Kampf der verbotenen Kommunistischen Partei Deutschlands und der noch jungen Deutschen Friedensunion in der Bundesrepublik. Diese wandten sich entschieden gegen die abenteuerliche Aggressionspolitik des Imperialismus der BRD und kämpften für eine Politik der friedlichen Koexistenz und damit für Verständigung und Entspannung. Der KPD und der DFU gelang es aber nicht, die Mehrheit der Bevölkerung der BRD in den aktiven Kampf zu führen. Diese Mehrheit bezog keine Stellung und überließ den imperialistischen Politikern das Handeln.

Robert Ingrim, ein Freund von Bundeskanzler Adenauer, zeigte in der "Kölnischen Rundschau" vom 10. Juli 1961, wie die Vernichtung der DDR bewerkstelligt werden sollte. Er schrieb, "daß sich die freie Welt in Stand setzen müsse, alle Mittel des kalten Krieges, des Nervenkrieges und des Schießkrieges anzuwenden... Dazu gehören nicht nur herkömmliche Streitkräfte und Rüstungen, sondern auch die Unterwühlung, das Anheizen des inneren Widerstands, die Arbeit im Untergrund, die Zersetzung der Ordnungsgewalt, die Sabotage, die Störung von Verkehr und Wirtschaft, der Ungehorsam, der Aufruhr, die Revolution."


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